Die Zusammensetzung der Teilnehmenden beim Werkstatttag im Congress Centrum in Hannover (HCC) sorgte für Vielfalt und facettenreiche Anregungen: Rund 300 beruflich Tätige aus Pfarrämtern, Jugendarbeit, kirchlichen Einrichtungen, Kirchenmusik, Diakonie und Verwaltung sowie ehrenamtlich Mitarbeitende aus Leitungsgremien waren dabei. Auch Superintendentin Kerstin Tiemann und Pastor Peter Seydell, im Kirchenkreis Cuxhaven-Hadeln zuständig für das Thema Sexualisierte Gewalt, hatten den Weg in die niedersächsische Landeshauptstadt angetreten.
Wunsch nach mehr Transparenz und Kommunikation
Gemeinsam nahmen sie Fragestellungen, Kritikpunkte und den Wunsch nach mehr Transparenz und Kommunikation zum Thema Sexualisierte Gewalt auf. Dabei arbeiteten die versammelten Teilnehmer vor allem zu Themen, die sich unter anderem aus der ForuM-Studie ergeben hatten. Der unabhängige Forschungsverbund (ForuM) hatte im Januar dieses Jahres die erste bundesweite Studie zu Ursachen und Folgen von Sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche vorgelegt.
Bereits im Sommer hatten 1000 Mitarbeitende diskutiert
Als eine erste Reaktion diskutierten im Sommer bereits insgesamt gut 1000 Mitarbeitende der Landeskirche in drei Videokonferenzen auf Einladung der Landeskirche über die Empfehlungen der Studie und deren Umsetzung. Hinzu kamen mehrere regionale Veranstaltungen in der Fläche der Landeskirche. Auch deren Fragestellungen und Kritikpunkte flossen in den Werkstatttag ein. Vorbereitet und durchgeführt hatte den Tag in Hannovers Congress Centrum ein Planungsteam aus Mitarbeitenden aus Kirchengemeinden, kirchlichen Einrichtungen und Leitungsgremien.
Themen in 30 „Sitzungen“ diskutiert und vertieft
Nach einer Keynote von Dr. Elis Eichener (Ruhr-Universität Bochum) zu „Falsche Loyalitäten – Kirchentheoretische Überlegungen zu Sexualisierter Gewalt“ arbeiteten die Teilnehmenden in mehr als 30 Sessions zu Themen wie "heimliche" Machtstrukturen in der Kirche, Kommunikation in der Missbrauchskrise, Meldepflicht und Schweigepflicht, unterschiedlichen theologischen Fragestellungen, dem Änderungsbedarf in der Liturgie oder einer deutlicheren Trennung zwischen Dienst und Privatleben. Die Themen hatten die Mitwirkenden im Vorfeld oder während der Veranstaltung eingebracht und zum größten Teil auch deren Begleitung in den Sessions übernommen.
Seelsorgliche Begleitung der Teilnehmenden
Mitarbeitende des landeskirchlichen Zentrums für Seelsorge und Beratung standen für seelsorgliche Begleitung den Teilnehmenden zur Verfügung, ein externes Awareness-Team sicherte einen geschützten Raum für vertraulichen Austausch. Das Team der landeskirchlichen Fachstelle Sexualisierte Gewalt stand während der Veranstaltung für Fragen und Beratung zur Verfügung. Die Ergebnisse werden entsprechend der Vorgaben der Teilnehmenden der jeweiligen Sessions von der Planungsgruppe gesichtet, aufbereitet und veröffentlicht. In weiteren Veranstaltungsformaten und Initiativen, die im kommenden Jahr den Dialogprozess zum Kampf gegen Sexualisierte Gewalt in der Kirche fortsetzen, sollen sie aufgenommen und weiterentwickelt werden.
Offenheit und Engagement beeindruckten besonders
"Die Veranstaltung war ein weiterer Meilenstein im Dialogprozess, der auf die ForuM-Studie und deren Empfehlungen reagiert", erklärt Superintendentin Kerstin Tiemann. "Neben den wertvollen Beiträgen aus verschiedenen Berufsgruppen und Ehrenämtern beeindruckten mich besonders die Offenheit und das Engagement der Teilnehmenden, den Veränderungsprozess aktiv mitzugestalten." Die Ergebnisse dieses Tages werden in den weiteren Initiativen der Landeskirche einfließen, um die Kirche zu einem sichereren und machtsensibleren Raum für alle zu machen, unterstreicht die Superintendentin und ermutigt alle Bürger und Bürgerinnen, die ehren- oder hauptamtlich in der evangelischen Kirche tätig sind, "sich mit diesem wichtigen Thema auseinanderzusetzen und den Dialog weiter zu begleiten".
Die Ergebnisse der insgesamt mehr als 30 Arbeitsgruppensitzungen wird die Vorbereitungsgruppe am 19. Dezember sichten und aufbereiten. Eine Veröffentlichung der Ergebnisse ist für Anfang nächsten Jahres geplant.