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In Ambo wachsen die Kirchengemeinden schnell

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Im Oktober 2019 durfte ich für 12 Tage als einziger Abgesandter des Kirchenkreises Cuxhaven-Hadeln zu unserem Partner-Kirchenkreis „Ambo parish“ nach Äthiopien reisen.

Im Oktober 2019 durfte ich für 12 Tage als einziger Abgesandter des Kirchenkreises Cuxhaven-Hadeln zu unserem Partner-Kirchenkreis „Ambo parish“ nach Äthiopien reisen. Teressa Akuma, der Leiter des Kirchenkreises (vergleichbar in seiner Position mit dem Amt eines Superintendenten), begleitete mich die ganzen Tage über und wurde mir ein lieber Freund. Er konnte mir viele Hintergrundinformationen geben und führte mich durch das ausgiebige Programm in Ambo.

So besuchten wir gemeinsam nicht nur den Kindergarten des „Ambo parish“ (siehe nächste Ausgabe), sondern auch viele Kirchengemeinden des Kirchenkreises. Diese hatte ich schon einmal vor 6 Jahren bereist, als ich mit einer Delegation in Äthiopien war. Nun stand ich tief beeindruckt vor den teilweise übergroßen Kirchen. Trafen sich die Menschen vor Jahren noch in einfachen, manchmal von Termiten zerfressenen Lehmgebäuden mit Blechdach und Plastikplane, feiern sie heute in gut ausgestatteten und freundlich gestalteten Kirchen ihren Gottesdienst mit über 1000 Besuchern – das verwundert nicht, denn die MekaneYesusChurch ist die weltweit am schnellsten wachsende protestantische Kirche. So einen Gottesdiensten mitzuerleben, ist schon ein ganz besonderes Erlebnis, wenn die vielen Menschen, zum größten Teil junge Erwachsene, in ihrer afrikanisch-stimmungsvollen Lebensart sehr begeistert und euphorisch Lieder, Gebete und Predigten in ihren Gottesdiensten miteinander feiern. Als ich dann als Ehrengast nach vorn auf die Bühne gebeten wurde, um die Grüße unseres Kirchenkreises auf Englisch zu über-mitteln, kam ich mir in meiner „norddeutschen, sachlichen Nüchternheit“ doch schon etwas befremdlich vor und ich merkte nicht nur in dieser Situation, dass hier 2 Welten aufeinander treffen. In Afrika wird der Glaube doch auch ganz anders erlebt und unmittelbarer gelebt – eine Eigenschaft, die mir hierzulande fast verloren gegangen zu sein scheint.

In der Gemeinde „Insilale congregation“ stimmte der Kirchen-Gospelchor mit frenetisch vorgetragenen Liedern auf einen Gottesdienst ein, den ich dann allerdings verließ, da ich noch in der „Ambo congregation“, der erstgegründeten Mutterkirche, meine Grüße überbringen sollte. Dort warteten ähnlich viele Gottesdienstbesucher auf den „Mann aus Deutschland“ und mussten schon draußen vor dem Kirchengebäude Platz suchen.

Ja, solche lebendigen und gut besuchten Gottesdienste findet man in unserem Kirchenkreis eher selten, dachte ich so bei mir.

Ein besonderes Erlebnis stellte für mich der Ausflug zur "Altufa congregation" dar. Diese Gemeinde liegt ca. 18 km von Ambo entfernt, bedeutete allerdings bei den schlechten Straßenverhältnissen eine knapp 2-stündige Autofahrt auf einer steinigen Piste. Ich konnte mich noch genau daran erinnern, als wir vor 6 Jahren in Altufa waren, dass die Menschen dort regelmäßig an Wochenenden kilometerweit schwere Steine mit Muskelkraft dort zum Bau einer neuen Kirche schleppten. Nun stand ich wieder inmitten eines so großen Gebäudes, das ohne viele technische Hilfsmittel, aber dafür umso mehr mit helfenden Händen der Gemeindemitglieder fertig gestellt werden würde. Auf dem Rückweg passierte dann, was eigentlich auch mal passieren musste: ein Reifen unseres offroad-Jeeps platzte... Pech nur, dass das Reserverad ebenso platt war und wir somit festsaßen: in der Mittagshitze bei praller Sonne, ohne Getränke – aber Handynetz! Das war unsere Rettung. So konnten wir nach 2 Stunden auf einen Ersatzreifen hoffen, der jedoch auch nicht der richtige war... Das war "Entschleunigung pur". Aber so ist das eben manchmal in Afrika und ich konnte das zum Glück auch gut aushalten! Da bleibt dann eben Zeit, sich zu unterhalten und die Erfahrung, solche Situationen gemeinsam durchzustehen...und bspw. eines der wichtigsten Elemente der Oromo-Kultur zu beobachten, wie z.B. das Gadaa-System, das auf dem Land noch sehr verbreitet ist. Ein Gadaa ist der 40-jährige Zeitraum, in der eine Generation aktiv im Leben der Gesellschaft der Oromo steht. Jede Altersklasse übernimmt dabei eine ganz bestimmte Verantwortung und genießt besondere Rechte, die ihr zugeordnet wird. So sind die Dabballee (17-24 Jahre alt) u.a. verantwortlich für Viehzucht und Viehhaltung, was ich hautnah in meiner "Wartezeit" erfahren und mehrfach erleben konnte.

In eine andere Lebenswelt abzutauchen, und dabei persönliche Beziehungen sowie Freundschaften entstehen zu lassen - das sind wesentliche Elemente unserer Partnerschaft nach Ambo, Äthiopien. Dazu hatte ich als Alleinreisender bei meinem Besuch jede Menge Möglichkeiten. Daneben erlebte ich noch viele andere Situationen, über die ich berichten könnte. Eine tolle Erfahrung für mich war, dass ich in den Tagen in Ambo eigentlich nie allein gewesen bin. Neben Teressa Akuma waren noch Yohannes Tasisa (engagiertes Mitglied im Partnerschaftskomitee) sowie Teressa Fufa (Leiter der WestShoaSynode) meine ständigen Begleiter. Sie holten mich morgens aus dem Hotel ab, organisierten die Fahrten zu den Gemeinden, gingen mit mir über den Markt in Ambo, zeigten mir ihre Büros mit Wellblech und Lehmwänden, erklärten vieles auf den Spaziergängen und Fahrten durch die Stadt und brachten mich abends zurück zum Hotel. Bei ihnen war ich auch privat zum Essen eingeladen und jedes Mal wieder von der herzlichen Gastfreundschaft beeindruckt. Die traditionelle Kaffeezeremonie bildete dabei immer den offiziellen Abschluss der gemeinsamen Zeit und durfte nie fehlen. Diese Begegnungen und der Duft von Kaffee werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Die Tage in Ambo waren für mich persönlich wieder sehr intensiv und haben die Freundschaften und das gegenseitige Verstehen vertieft.  

Im Herbst 2020 soll dann eine Delegation wieder nach Ambo reisen.         Martin Reese